Grundsätzlich kann man vier Arten der Gewalt an Schulen unterscheiden. Die verbale Gewalt, die Gewalt gegen Sachen, die körperliche Gewalt und die psychische Gewalt.
1. Die verbale Gewalt
Die verbale Gewalt tritt im Schulbereich in ganz unterschiedlicher Weise auf. Zu dieser gehören sowohl unflätige und abfällige Kommentare von Eltern und Schülern wie auch Fäkalsprache oder Beleidigungen, wie z.B. das symbolische Herunterlassen der Hose, bis hin zu ernsthaften Bedrohungen.
Zu berücksichtigen ist hierbei, inwieweit der strafrechtliche Bereich betroffen ist. Straffrei können zunächst einfache Beschimpfungen und Kraftausdrücke sein. Als Schwelle zur Strafbarkeit muss hier immer angesehen werden, ob es sich um eine persönliche Ehrverletzung handelt. Dabei muss sich die rechtliche Bewertung am Einzelfall orientieren. Bei Ehrverletzungen ist immer der Weg über die Privatklage möglich. Hierzu kann eine Lehrkraft bei der Polizei oder der Staatsanwaltschaft gegen den Schüler oder die Eltern Anzeige erstatten. Dazu kann bei Überschreitung der strafrechtlich relevanten Schwelle eine Absprache darüber erfolgen, ob das Opfer als Privatperson und/ oder die personalführende Stelle, also in der Regel die Bezirksregierung, Strafantrag stellt.
Wichtig:
Strafmündig ist ein Täter erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres.
Unterhalb der strafrechtlichen Schwelle finden sich Sanktionsmöglichkeiten in der Allgemeinen Schulordnung.
Da verbale Entgleisungen von Schülern als Vorstufe psychischer und physischer Gewalt anzusehen sind, sollte bei regelmäßiger Fortsetzung eine angemessene Reaktion erfolgen.
2. Gewalt gegen Sachen
Die Gewalt gegen Sachen, besser bekannt als Vandalismus oder Sachbeschädigung, ist kein Bagatelldelikt. Zur Zerstörung fremden Eigentums gehört eine hohe Menge zielgerichteter aggressiver Energie. In einem solchen Fall muss zunächst der Täter zweifelsfrei ermittelt werden, was im Schulbereich häufig Schwierigkeiten bereitet.
Kann ein Täter ermittelt werden, ist zu prüfen, ob dieser strafmündig ist, also das 14 Lebensjahr vollendet hat.
Wenn dieses vorliegt, ist weiter zu prüfen, ob eine Deliktfähigkeit gegeben ist, der Täter also zum Zeitpunkt der Tat die Einsicht haben konnte, dass er die Verantwortung für sein Handeln übernehmen muss.
Zuletzt stellt sich dann die Frage der Wiedergutmachung und wie gegebenenfalls Zwang zu ihrer Sicherstellung ausgeübt werden kann.
Wichtig:
Bei der Beschädigung von Privateigentum muss der betroffene Lehrer entscheiden, ob die Polizei eingeschaltet werden soll und Anzeige wegen Sachbeschädigung erstattet werden soll. Die Bezirksregierungen besitzen in einem solchen Fall kein eigenes Strafantragsrecht.
Zudem kann die Schule mit den Schülern in Gesprächen oder durch Projekttage dieses Thema behandeln. Auch könnte das Thema bei der Schülermitverwaltung angesprochen werden und eine Arbeitsgemeinschaft zum Thema Jugendstraffälligkeit und Delikte gegründet werden.
3. Die körperliche Gewalt
Die körperliche Gewalt kann aus verschiedenen Situationen entstehen. Hierbei handelt es sich einerseits um direkte Angriffe gegen Lehrkräfte, wie auch Angriffe, die nicht unmittelbar erfolgen, aber die dennoch die Gesundheit der Lehrkraft beeinträchtigen, wie z.B. das Sprühen von Pfefferspray in der Klasse.
Eine Körperverletzung gemäß § 223 StGB liegt immer vor, wenn die Beeinträchtigung der körperlichen Integrität nicht nur zu einer kurzzeitigen Beeinträchtigung des Wohlbefindens führt.
Wichtig:
Eine Anzeige wegen Körperverletzung kann von der Lehrkraft selbst oder auch vom Dienstherrn erstattet werden. Auch hier gilt wieder, dass eine Strafmündigkeit erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres eintritt. Ist ein Täter noch keine 14 Jahre alt, muss die Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen diesen einstellen. Es erfolgt jedoch dann eine Mitteilung an das zuständige Jugendamt.
Schulische Maßnahmen können Gespräche mit Schülern und Eltern sein, in denen verdeutlicht werden sollte, dass es sich hierbei um eine Straftat handelt und deswegen keine rein innerschulische Auseinandersetzung möglich ist. Zudem kommen Ordnungsmaßnahmen nach der Allgemeinen Schulordnung in Betracht.
Auch sollte die betroffene Lehrkraft nicht allein gelassen werden und so schnell wie möglich zum Arbeitsmediziner gehen (Kontaktadresse BAD), welcher auch Hinweise zu nachfolgenden Schritten geben kann.
Empfehlenswert ist außerdem, dass Lehrkräfte im Zuge der Fortbildungsplanung im Bereich Mediation, Gewaltdeeskalation, Supervision, Coaching und Ähnlichem fortgebildet werden.
4. Psychische Gewalt
Psychische Gewalt wird häufig durch Intrigenspiele der Schüler, Arbeitsverweigerung und Arbeitsverhinderung anderer ausgeübt.
Dies kann durch die permanente Belastung zu einer erheblichen psychischen Beeinträchtigung des Opfers führen.
Wichtig:
Zunächst sollte in so einem Fall das Gespräch mit den Kolleginnen und Kollegen gesucht werden, die die Schüler/innen aus dem eigenen Unterricht kennen. Damit kann erreicht werden, dass die Wahrnehmung des Lehrers reflektiert wird. Auch kann dadurch erreicht werden, dass den Schülern/innen nun ein Team von Lehrkräften gegenübersteht und somit die einzelne Lehrkraft nicht alleine kämpfen muss. Zudem sollte mit Unterstützung des Teams die Schulleitung informiert werden. Auch ist empfehlenswert, in einem solchen Fall frühzeitig psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel durch die schulpsychologische Beratungsstelle.
Eine Strafanzeige kann auch in diesen Fällen gestellt werden. Hierbei kommen als Straftatbestände die Bedrohung, die Nötigung und die Beleidigung in Betracht. Wann eine solche vorliegt, ist nicht immer ganz leicht zu erkennen. Daher sollte die betroffene Lehrkraft sich an die Schulleitung wenden. Mitgliedern des VBE steht selbstverständlich auch in diesen Fällen die Rechtberatung zur Verfügung.
Je nach Einzelfall kann auch zunächst eine Ordnungsmaßnahme sinnvoll sein.
Ausführliche Informationen zu dem Thema finden Sie in der Broschüre „ Gewalt gegen Lehrkräfte“ der Bezirksregierung Münster.
Quelle: Lehrerrat aktuell VBE-NRW