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Gewalt gegen Lehrkräfte, Teil 219.11.2018
Der VBE informiert Sie über das Thema "Gewalt gegen Lehrkräfte"

Die Bezirksregierung Münster hat hierzu eine Broschüre erstellt, aus welcher im Folgenden teilweise zitiert wird.

Körperliche Gewalt
Körperliche Gewalt kann in verschiedenen Formen auftreten, von dem Sprühen mit Pfefferspray bis hin zu Verletzungen durch Waffen.

Rechtliche Bewertung:
Nach § 223 Absatz 1 des StGB wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer eine andere Person körperlich misshandelt oder deren Gesundheit schädigt. Jede Beeinträchti-gung der körperlichen Integrität, die nicht nur zu einer kurzzeitigen Beeinträchtigung des Wohlbefindens führt, erfüllt den Tatbestand der Körperverletzung. Die so genannte „einfache“ Körperverletzung nach § 223 StGB wird in der Regel nur aufgrund eines Strafantrages verfolgt, es sei denn, die Staatsanwaltschaft bejaht wegen der Besonderheit des Einzelfalles ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung. Den Strafantrag können die betroffene Lehrkraft
und die Schülerinnen und Schüler selbst stellen. Darüber hinaus besteht im Falle der Verletzung von Lehrkräften ein Antragsrecht des Dienstherrn, also hier des Landes.

Wichtig
Eine Strafmündigkeit tritt allerdings erst mit Vollendung des 14. Lebensjahres ein, das heißt, vorher kann ein Jugendlicher nicht nach dem Strafgesetzbuch bestraft werden. Die Staatsanwaltschaft müsste in diesen Fällen das Ermittlungsverfahren einstellen. In der Regel erfolgt jedoch dann eine Mitteilung der Staatsanwaltschaft an das jeweils zuständige Jugendamt.

Handlungsoptionen
Unabhängig von strafrechtlichen Maßnahmen sollte immer überlegt werden, ob nicht erzieherische Maßnahmen vorrangig anzuwenden sind, vor allem, wenn es sich um ein erstmaliges Fehlverhalten des Schülers handelt. Man wird dem Schüler sicher nicht gerecht, indem man hier eine automatisch ablaufende Kausalkette in Gang setzt, etwa nach dem Muster: „Du hast das Fehlverhalten x gezeigt und musst jetzt die Konsequenz y tragen“. Die Schule muss in der Bewertungdes Fehlverhaltens eine Einzelfallregelung finden, die die Individualität des Schülers berücksichtigt. Je nach Beweggrund des Schülers sind unter anderem folgende erzieherische Maßnahmen, auch in Kombination miteinander, denkbar:
- Gespräch, in dem der Schüler selbst gestärkt und stabilisiert wird
- Schriftliche Ausarbeitung zu einem Thema, in das der Kontext des Vorfalls Eingang findet
- Entschuldigung bei den betroffenen Mitschülern und Lehrkräften (die Form der Entschuldigung kann je nach Tatumstand und Schüler variieren)
- Versuch der Wiedergutmachung, je nach Tatumstand gegebenenfalls auch „Ersatzleistungen“ verlangen, die nicht in direktem Zusammenhang mit der Tat stehen.
(siehe hierzu auch Broschüre Gewalt gegen Lehrkräfte BezR Münster Ziffer 4)

Wichtig
Dabei sollte darauf geachtet werden, den Schüler nicht zu demütigen oder zu verletzen. Es sollte vielmehr versucht werden, seine Einsichtsfähigkeit zu wecken und eigene Angebote des Schülers zur Wiedergutmachung abzufragen. Natürlich sind auch Ordnungsmaßnahmen, insbesondere bei wiederholtem Fehlverhalten, nach dem SchulG angezeigt. Den Eltern und dem Schüler sollte auf jeden Fall verdeutlicht werden, dass es sich bei der Tat um eine Körperverletzung handelt und dass dies deshalb nicht als rein innerschulischer Vorgang zu sehen ist. Eventuell erwächst im Lehrerkollegium aus einem solchen Fall heraus auch die Erkenntnis, dass im Zuge der Fortbildungsplanung Lehrkräfte im Bereich Mediation, Gewaltdeeskalation, Supervision, Coaching und Ähnlichem fortgebildet werden sollten.

Psychische Gewalt
Ein Lehrer berichtet, dass er in einer Klasse, in der er zwei Fächer unterrichtete und die Klassenleitung hatte, durch eine Gruppe von vier Schülerinnen ausgeprägte psychische Gewalt erfahren habe. Sie störten in einem ohnehin unruhigen, störanfälligen Umfeld massiv durch lautes Reden und anderes Fehlverhalten während des Unterrichts. Bei Zurechtweisung mokierten sie sich laut darüber, auf Briefchen waren Drohungen zu lesen. Der Lehrer erhielt außerdem eine telefonische Drohung. In beiden Fällen wurde von einem Messer geredet. Beschimpfungen und herabsetzende Äußerungen waren an der Tagesordnung, wurden aber bestritten. Gespräche mit den Eltern zweier Schülerinnen waren insofern unwirksam, als die Eltern dem Lehrer mehrfach Unfähigkeit vorwarfen: er sei zu nervös, er könne nicht richtig auf die Kinder eingehen und anderes. Der Tenor dieser Gespräche war stets: Es liegt nur am Lehrer. Bei den Kolleginnen und Kollegen verhielten sich diese Schülerinnen anders, nur vereinzelt wurden ähnliche Verhaltensmuster erkennbar. So konnte man behaupten, es liege alles nur am Lehrer.
Die Lehrkraft litt seinerzeit sehr unter Gefühlen des Verlassenseins und der Isolation, Schlafstörungen, Angstgefühlen, Herzrasen und Depression bis hin zu Suizidgedanken. Wenn auch physische Attacken im engeren Sinne gegen seine Person nie stattfanden, so leidet er doch heute an einer physischen Erkrankung mit notwendiger lebenslanger chronischer Medikamenteneinnahme, die er auf das aggressive Verhalten der Schülerinnen von damals zurückführt.
Der Lehrer versuchte, sich durch massiv erhöhten Aufwand bei der Unterrichtsvorbereitung Sicherheit und „Respekt“ zu verschaffen. Er suchte eine Gruppensupervision auf und analysierte in einigen Gesprächen mit einem Psychologen erfolgreich Unterrichtssituationen, so dass er sein eigenes Auftreten neu positionieren konnte.
Der Sachverhalt zeigt jedoch auch, dass es kaum möglich ist, in jedem Fall lebensnahe Rückschlüsse zu ziehen und diese formaljuristisch umzusetzen. Dies ist insbesondere bedauerlich, da das Opfer so in einen doppelten Handlungszwang kommt. Denn während die Verursacher des Intrigenspiels eindeutig zu benennen sind, bleiben die Urheber der Androhung physischer Gewalt erst einmal im Dunkeln. Zu Beginn der Ereigniskette besteht zunächst nur die Möglichkeit, im Rahmen der dem Lehrer zur Verfügung stehenden erzieherischen Maßnahmen zu reagieren. Hier sollte dem Betroffenen jedoch sehr bewusst sein, dass zu späte Reaktionen den weiteren Fortgang fördern, so wie im beschriebenen Fall. Eine sinnvolle Herangehensweise wäre es, wenn die betroffene Lehrkraft zunächst ein Gespräch mit solidarischen Kolleginnen und Kollegen sucht, die die Schülerinnen oder Schüler aus eigenen unterrichtlichen Erfahrungen kennen. Dadurch kann erreicht werden, dass die Wahrnehmung der Lehrkraft mit den Kollegen zeitnah reflektiert wird und im Schulterschluss mit Kollegiumsmitgliedern den betreffenden Schülerinnen und Schülern nunmehr ein Team von Lehrkräften bei der Austragung der Konflikte gegenübersteht. Wichtig ist, die Solidarität mit Kolleginnen und Kollegen möglichst früh zu suchen, um weitere Steigerungen nicht aufkommen zu lassen. Einer Vereinzelung der Lehrkraft als Zielscheibe der Attacken kann damit entgegengewirkt werden. Die Lehrkraft sollte mit Unterstützung durch das Team die Schulleitung umfassend informieren. Das Lehrerteam könnte die Aufgabe übernehmen, in vertrauensvollen Einzelgesprächen mit Schülerinnen oder Schülern der Klasse die bisher unbekannten Bedrohungstäter zu identifizieren.
Der beschriebene Fortgang erfüllt zweifelsfrei Straftatbestände, hier insbesondere die der Bedrohung, Nötigung und Beleidigung. Der fließende Übergang von straflosen zum strafbaren Verhalten ist in der Beurteilung für das Opfer nicht leicht erkennbar und zusätzlich von emotionaler Belastung geprägt.

Wichtig
Daher ist es zunächst wichtig, als Opfer angemessen Gehör zu finden. So kommt gerade in diesen Fällen der Schulleitung eine besondere Verantwortung zu, wenn es darum geht, Opferschäden zu ver-meiden. Handlungsempfehlungen zu möglichen Reaktionen in Richtung der Schülerinnen und Schüler können sich nur am Einzelfall orientieren. Im Gegensatz dazu sollte die betroffene Lehrkraft als Opfer aber immer auf das Verständnis und die Hilfe seiner Vorgesetzten vertrauen können. Nur dann kann verhindert werden, dass Langzeit-folgen den Opferschaden erheblich ausweiten.
Dringend anzuraten ist ein durch die Schulleitung initiiertes Eltern-Lehrerteam Gespräch, um zu einem Konsens in der Einschätzung der Sachlage zu kommen. Zielsetzung dabei sollte die Beschreibung angemessener Verhaltensweisen im Umgang miteinander unter strikter Einhaltung der Schulregeln (Schulvertrag, Schulprogramm, Allgemeine Schulordnung, ...) sein.
Je nach Beurteilung des Einzelfalls kann auch die Verhängung einer Ordnungsmaßnahme sinnvoll sein. Es muss auch frühzeitig erwogen werden, strafrechtliche Ermittlungen durch Anzeigenerstattung zu er-möglichen („siehe dazu Kapitel „Polizei in der Schule“). Unter Berücksichtigung des konkreten Einzelfalls kommt es dabei nicht immer auf die subjektiv einzuschätzende Erfolgsaussicht an. Es erscheint hier viel wichtiger, der Zielgruppe alle möglichen Konsequenzen aufzuzeigen.
Zusätzlich zum Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen sollte eine betroffene Lehrkraft auch nicht zögern, zu einem frühen Zeitpunkt professionelle psychologische Hilfe in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel durch die schulpsychologische Beratungsstelle, um die Geschehnisse zu verarbeiten und Hilfen zur künftigen Vermeidung ähnlicher Situationen zu erarbeiten.
(siehe hierzu auch Broschüre Gewalt gegen Lehrkräfte BezR Münster Ziffer 4)

 

Quelle: Lehrerrat aktuell 11/2018



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