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Ausführliche Hinweise zu Ordnungsmaßnahmen und Erzieherischer Einwirkung23.10.2023
Stand 2022
Handlungshilfe zur Anwendung/Festsetzung von erzieherischen Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen nach § 53 Schulgesetz (SchulG) NRW

Im Umgang mit erzieherischen Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen haben sich in der Vergangenheit immer wieder Probleme ergeben. Mittels dieser Handlungshilfe sollen Hinweise zur Anwendung/Festsetzung von erzieherischen Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen gegeben werden, die es ermöglichen sollen, form- und verfahrensfehlerfrei erzieherische Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen anzuwenden.

Sowohl im Widerspruchsverfahren als auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren werden Ordnungsmaßnahmen auch auf ihre formelle Rechtmäßigkeit überprüft. Die nachfolgenden Ausführungen sollen es ermöglichen, unnötige Form- und Verfahrensfehler zu vermeiden, damit pädagogisch sinnvolle Maßnahmen nicht aus formalen Gründen aufgehoben werden müssen.

 

Erzieherische Einwirkungen und Ordnungsmaßnahmen nach § 53 SchulG NRW

Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen setzen ein Fehlverhalten eines oder mehrer Schüler voraus. Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen sind Reaktionen auf Störungen der Unterrichts- und Erziehungsarbeit der Schule und auf Gefährdungen von Personen oder Sachen.

Sie dienen der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrages der Schule und dem Schutz von Personen und Sachen.

Verstöße gegen die Ordnung der Schule liegen immer dann vor, wenn der Unterricht oder sonstige Schulveranstaltungen durch Worte, Taten oder Unterlassen gestört werden.

Erzieherische Einwirkungen

 

  • Der Gedanke der Erziehung steht im Vordergrund.
  • Sie zielen auf Verhaltensänderung durch Einsicht.
  • Zu berücksichtigen sind die Umstände des Einzelfalls und das Alter und die Persönlichkeit der Schülerin/des Schülers.
  • Die Zahl der möglichen Erziehungsmaßnahmen ist theoretisch unbegrenzt – es besteht ein großer Handlungsspielraum.
  • Sie können von jeder Lehrkraft ausgesprochen werden.
  • Eine Beschwerde ist möglich – nur im Ausnahmefall ein Verwaltungsakt – ein Widerspruch ist daher ohne aufschiebende Wirkung.

Einzelne erzieherische Einwirkungen sind:

  • das erzieherische Gespräch (der Lehrerin/dem Lehrer zu jeder Zeit zur Verfügung stehendes Mittel, um eine Schülerin/einen Schüler auf ein Fehlverhalten aufmerksam zu machen und eine Verhaltensänderung herbeizuführen)
  • die Ermahnung (s.o.)
  • Gruppengespräche mit Schülerinnen und Schülern und Eltern
  • die mündliche oder schriftliche Missbilligung des Fehlverhaltens (ausdrückliche Rüge mit schwerwiegenderem Charakter als die Ermahnung; die schriftliche Missbilligung kann (muss aber nicht) auch den Eltern mitgeteilt werden)
  • der Ausschluss von der laufenden Unterrichtsstunde (kann sinnvoll sein, um einen störungsfreien Unterricht für die übrigen Schülerinnen und Schüler durchführen zu können; darf nur angewendet werden, wenn mit anderen Mitteln der ordnungsgemäße Unterricht nicht aufrechterhalten werden kann > vorherige Anwendung milderer Erziehungsmittel zwingend. Die Beaufsichtigung der/des ausgeschlossenen Schülerin/s muss gewährleistet sein (Vorgabe einer einheitlichen Handhabung durch die Schulleitung sinnvoll).)
  • die Nacharbeit unter Aufsicht nach vorheriger Benachrichtigung der Eltern (Nachholen selbst und des schuldhaft versäumten Unterrichtsstoffs als pädagogische Maßnahme; unzulässig sind Strafarbeiten zur reinen Disziplinierung)
  • die zeitweise Wegnahme von Gegenständen (eine konkrete Störung des Unterrichts muss vorausgegangen sein; je nach Art der Störung kommt eine Wegnahme für die Unterrichtsstunde oder für einen Schultag in Betracht; entscheidend sind immer die Umstände des Einzelfalls > Einzelfallentscheidung. Lehrer sollten auch im eigenen Interesse, um Verdächtigungen in Bezug auf den konkreten Umgang mit für länger als eine Unterrichtsstunde weggenommenen Gegenständen vorzubeugen, diese Gegenstände unverzüglich im Schulsekretariat abgeben, wo sie erfasst und gelagert werden können. Der/Die Schulleiter/in entscheidet dann, ob der Gegenstand dem Schüler oder seinen Erziehungsberechtigten zurückgegeben wird und legt den Zeitpunkt der Rückgabe fest. Bei dieser Entscheidung sind u.a. das Alter des Schülers und die Art des Gegenstandes, insbesondere seine Gefährlichkeit, sowie das Ausmaß der Störung der schulischen Ordnung und eine eventuelle akute Wiederholungsgefahr zu berücksichtigen.)
  • Maßnahmen mit dem Ziel der Wiedergutmachung angerichteten Schadens (müssen sich auf das jeweilige Fehlverhalten beziehen)
  • die Beauftragung mit Aufgaben, die geeignet sind, das Fehlverhalten zu verdeutlichen (s.o.)
  • bei wiederholtem Fehlverhalten schriftliche Information der Eltern
  • usw. (obige Aufzählung ist nicht abschließend).

Ordnungsmaßnahmen

 

  • Hierbei gewinnt der Ordnungs- und Schutzgedanke an Bedeutung.
  • Der Katalog der Ordnungsmaßnahmen ist durch das SchulG begrenzt.
  • Es gibt einen vorgeschriebenen Verfahrensablauf.
  • Bei Ordnungsmaßnahmen handelt es sich jeweils um einen VA mit Klagerecht, ein Widerspruch hat somit aufschiebende Wirkung, die evtl. entfällt, wenn die sofortige Vollziehung angeordnet wurde. Ausnahme: Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Überweisung in eine parallele Klasse/Lerngruppe und gegen den vorübergehenden Ausschluss vom Unterricht und von sonstigen Schulveranstaltungen haben keine aufschiebende Wirkung.

 

Ordnungsmaßnahmen sind nur zulässig, wenn erzieherische Einwirkungen nicht ausreichen.

Ordnungsmaßnahmen sind

  • der schriftliche Verweis (schriftliche Missbilligung eines Verhaltens, die nicht mehr den Charakter einer erzieherischen Einwirkung hat; dient insbesondere dem störungsfreien Unterricht der übrigen Schülerinnen/Schüler. Er soll dem/der Schüler/in vor dem Ergreifen weitreichender Ordnungsmaßnahmen eindringlich klar machen, dass das Fehlverhalten des/der Schülers/in im Sinne einer geordneten Unterrichts- und Erziehungsarbeit sowie im Hinblick auf das Schutzbedürfnis anderer nicht hingenommen werden kann.)
  • die Überweisung in eine parallele Klasse oder Lerngruppe (dient der Sicherstellung eines ungestörten Unterrichts der übrigen Schülerinnen/Schüler)
  • der vorübergehende Ausschluss vom Unterricht von einem Tag bis zu zwei Wochen und von sonstigen Schulveranstaltungen (zur Ahndung schwerwiegender Verstöße; das gedeihliche Zusammenleben in der Schule muss gestört sein; auch der Ausschluss von einzelnen Unterrichtsfächern ist möglich. Diese Ordnungsmaßnahme ist dann angezeigt, wenn andere Maßnahmen nicht geeignet, tatsächlich nicht durchführbar sind oder ein endgültiger Ausschluss von der Schule unverhältnismäßig wäre. In der jetzigen Fassung des Schulgesetzes ist der Ausschluss nicht mehr zeitlich begrenzt, d.h. ein mehrmaliger Ausschluss von jeweils bis zu 14 Tagen ist möglich.)
  • die Androhung der Entlassung von der Schule (sie hat zunächst keine unmittelbaren Konsequenzen, soll aber dem/der Schüler/in die Schwere des Fehlverhaltens deutlich machen)
  • die Entlassung von der Schule (die Entlassung führt grundsätzlich zum Abbruch des Schulverhältnisses. Dabei ist stets zu prüfen, ob das erzieherische Ziel bzw. der Ordnungszweck nicht mit der bloßen Androhung der Entlassung oder anderen Maßnahmen geringerer Tragweite erreicht werden kann. Der Entlassung hat in der Regel die Androhung der Entlassung voraus zugehen und nur in besonders schweren Fällen z.B. Mitführen und benutzen von Waffen, Verkauf von Rauschgift an Mitschüler kann auf die Androhung verzichtet werden.)
  • die Androhung der Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes durch die obere Schulaufsichtsbehörde
  • die Verweisung von allen öffentlichen Schulen des Landes durch die obere Schulaufsichtsbehörde.

 

Zur Entlassung von der Schule und zum Verweis von allen öffentlichen Schulen und der jeweiligen Androhung sind die ausdrücklichen Voraussetzungen in § 53 SchulG NRW Absatz 4 genannt.

Außerschulisches Verhalten

 

Aus dem Sicherungszweck der Ordnungsmaßnahmen ergibt sich, dass außerschulisches Verhalten nur dann zur Verhängung einer Ordnungsmaßnahme führen darf, wenn es unmittelbar störende Auswirkungen auf den Schulbetrieb hat und in einem unmittelbaren Bezug zum Schulbesuch steht, wie Angriffe auf Lehrer oder Mitschüler aus einem schulischen Anlass oder in schulischem Zusammenhang, Gewalttätigkeiten gegen Mitschüler auf dem Schulweg, Dealer-Tätigkeit oder Aufrufe zum Unterrichtsboykott.

Ein direkter Zusammenhang zum Schulverhältnis besteht insbesondere, wenn das Fehlverhalten unmittelbar in den schulischen Bereich hineinwirkt. Dies ist der Fall, wenn das Zusammenleben der am Schulleben Beteiligten durch das Fehlverhalten gestört oder gefährdet worden ist und wenn die Ordnungsmaßnahme daher geeignet und erforderlich ist, u.a. auf einen gewaltfreien Umgang der Schüler miteinander hinzuwirken, dem Schutz der am Schulleben beteiligten Schüler zu dienen und damit eine geordnete Unterrichts- und Erziehungsarbeit zu gewährleisten.

Verfahren bei Ordnungsmaßnahmen:

1. Feststellung des Sachverhalts

2. Ermessen

3. Prüfung erzieherischer Maßnahmen

4. Anhörung

5. Entscheidung des Schulleiters/der Schulleiterin

6. Einberufung der zuständigen Konferenz

7. Konferenzablauf

8. Mitteilung an die Eltern bzw. den volljährigen Schüler/Schülerin

 

Zu 1. Feststellung des Sachverhalts:

 

Es gelten die §§ 10, 24 und 26 Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) NRW. Die spätere Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit einer Ordnungsmaßnahme erfordert eine sorgfältige Aufklärung des Sachverhaltes durch den Klassenlehrer/in bzw. Schulleiter/in mit dem Ziel der Ermittlung aller entlastenden und belastenden Sachverhaltselemente. Dabei sind mögliche Zeugen zu befragen (Einverständniserklärung der Eltern bei minderjährigen Schülern ist nicht erforderlich, möglichst wörtl. Protokolle). Es ist ratsam, ein Protokoll über den ermittelten Sachverhalt anzufertigen.

 

Zu 2. Ermessen:

 

Der Schule ist bei der Reaktion auf Fehlverhalten ein Ermessen eingeräumt. Die Schule kann frei entscheiden, ob sie Maßnahmen ergreifen will (Entschließungsermessen) und wenn ja, welche Maßnahme ggfls. angewendet werden soll (Auswahlermessen). Bei der Ausübung des Ermessens sind alle bedeutsamen Umstände des Einzelfalls unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit zu würdigen. Wichtig ist hierbei für die Schule, dass sie jeden Einzelfall prüfen muss, d.h. sie muss zunächst erkennen, dass ihr ein Ermessen zusteht, in Erwägung ziehen, dass verschiedene Handlungsmöglichkeiten gegeben sind, um dann unter Zugrundelegung der richtigen und vollständigen Tatsachen eine Entscheidung herbeizuführen.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (§ 53 Absatz 1 Satz 3 SchulG NRW) bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die erzieherische Einwirkung/Ordnungsmaßnahme

  • geeignet (= die erzieherische Einwirkung/Ordnungsmaßnahme ist ein geeignetes Mittel zur Zweckerreichung),
  • erforderlich (= mildestes Mittel, Auswahl des für den Schüler/die Schülerin am geringsten belastende, aber noch zum Erfolg führende Mittel) und
  • angemessen (= Verhältnis zum beabsichtigten Erfolg, sorgfältige Abwägung aller
  • Interessen)

 

sein muss.

Zu 3. Prüfung erzieherischer Maßnahmen:

 

Wenn ein Fehlverhalten festgestellt worden ist, steht die Anwendung einer erzieherischen Einwirkung oder einer Ordnungsmaßnahme an. Dabei ist zunächst zu prüfen, ob eine erzieherische Einwirkung ausreicht, um eine Verhaltensänderung herbeizuführen. Erst wenn eine erzieherische Einwirkung nicht ausreicht oder nicht erfolgversprechend ist, sind Ordnungsmaßnahmen zulässig (Rangfolge: Anwendung erzieherische Einwirkung vor Ordnungsmaßnahme); § 53 Absatz 1 Satz 4 SchulG NRW.

Zu 4. Anhörung:

 

Gemäß § 28 VwVfG ist der/die Schüler/in bzw. sind die Eltern vor Verhängung einer Ordnungsmaßnahme anzuhören. Bei Ordnungsmaßnahmen, über die die Teilkonferenz entscheidet, erfolgt diese Anhörung in der Regel im Rahmen der Teilkonferenz. In dringenden Fällen kann auf die Anhörung verzichtet werden, sie ist aber auf jeden Fall ohne schuldhaftes Zögern nachzuholen.

Zu 5. Entscheidung des/der Schulleiters/in:

 

Über Ordnungsmaßnahmen nach § 53 Absatz 3 Nr. 1 bis 3 SchulG NRW (schriftlicher Verweis, Überweisung in parallele Klasse, vorübergehender Ausschluss vom Unterricht und von sonstigen Schulveranstaltungen) entscheidet der/die Schulleiter/in oder sein/ihr Vertreter/in. Auf andere Personen kann diese Entscheidungsbefugnis nicht delegiert werden. Er/Sie kann sich von der Teilkonferenz beraten lassen oder ihr die Entscheidungsbefugnis übertragen. Vor der Entscheidung ist den Eltern und dem/der Klassenlehrer/in bzw. Jahrgangsstufenleiter/in Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben.

 

Zu 6. Einberufung der zuständigen Konferenz:

 

Die Entscheidung über Ordnungsmaßnahmen trifft für die in § 53 Absatz 3 Nr. 4 und 5 SchulG NRW genannten Ordnungsmaßnahmen eine Teilkonferenz (§ 53 Absatz 7 SchulG NRW), die von der Lehrerkonferenz zu berufen ist (§ 68 Absatz 5 SchulG NRW).

Mitglieder der Teilkonferenz sind

 

  • ein Mitglied der Schulleitung
  • die Klassenlehrerin/der Klassenlehrer oder Jahrgangsstufenleiter/in
  • drei weitere, für die Dauer eines Schuljahres zu wählende Lehrerinnen und Lehrer oder Mitarbeiter/innen als ständige Mitglieder
  • ein/e Vertreter/in der Schulpflegschaft (für die Dauer eines Schuljahres zu wählen), sofern der/die betroffene Schüler/in oder seine Eltern im Einzelfall nicht widersprechen.
  • ein/e Vertreter/in des Schülerrates (für die Dauer eines Schuljahres zu wählen), sofern der/die betroffene Schüler/in oder seine Eltern im Einzelfall nicht widersprechen.

Zu 7. Konferenzablauf:

 

Der Vorsitzende der Konferenz lädt alle Konferenzmitglieder sowie die anderen am Verfahren beteiligten Personen ein. Die Einladung sollte möglichst zeitnah zu dem zugrundeliegenden Vorfall erfolgen. In der Einladung zur Teilkonferenz sollte ein Hinweis enthalten sein, dass es sich um eine offizielle Anhörung im Rahmen einer Ordnungsmaßnahme handelt. Darüber hinaus sollte die Einladung einen Hinweis darauf enthalten, dass der Schüler/die Eltern das Recht haben, der Teilnahme des Schülervertreters und/oder des Vertreters der Schulpflegschaft zu widersprechen und dass die Möglichkeit besteht, zu der Anhörung aus dem Kreis der Schüler/innen oder Lehrer/innen der Schule eine Person des Vertrauens hinzuziehen (Muster Einladung des/der Schülers/in zur Teilkonferenz am Ende der Seite).

Beschlussfähig ist eine Konferenz, wenn mehr als die Hälfte der stimmberechtigten gesetzlichen Mitglieder anwesend sind. Solange die Beschlussunfähigkeit nicht festgestellt ist, gilt die Konferenz als beschlussfähig.

Der ermittelte Sachverhalt und das festgestellte Fehlverhalten sind kurz darzustellen. Im Anschluss daran erfolgt eine Anhörung des/der Schülers/in bzw. der Eltern. Hierbei haben Schüler und Eltern das Recht, vor der Konferenz zum Sachverhalt und zur rechtlichen Würdigung des Fehlverhaltens aus ihrer Sicht Stellung zu nehmen. Die rechtsanwaltliche Vertretung bei der Anhörung anlässlich einer Ordnungsmaßnahme ist nicht möglich, §§ 2 Absatz 3 Nr. 3, 14 VwVfG NRW lassen dies nicht zu. Auf das Recht zur Stellungnahme können Schüler und Eltern aber auch verzichten. Sofern Schüler und Eltern den Wunsch äußern, sich schriftlich zu äußern, sollte von Seiten der Schule eine schriftliche Erklärung des/der Schülers/in bzw. der Eltern verlangt werden, dass auf das Anhörungsrecht vor der Konferenz verzichtet wird.

Evtl. Zeugen sind zu befragen, Elternvertreter und Schülervertreter sind zu hören. Zum Abschluss dieser Befragung/Anhörung ist dem/der Schüler/in bzw. den Eltern Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme zu geben.

Im Anschluss an die Feststellung des Sachverhalts bzw. Anhörung findet die Beratung statt, an der nur die stimmberechtigten und beratenden Mitglieder der Konferenz teilnehmen dürfen, Schüler/Schülerin bzw. Eltern dürfen an der Beratung nicht teilnehmen. Die Entscheidung der Konferenz über Ordnungsmaßnahmen setzt immer eine Abwägung aller Umstände des Einzelfalls voraus, entscheidend hierbei ist die Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (s.o.). Die Teilkonferenz hat sich zu überlegen,

  • welchen Zweck sie mit der Ordnungsmaßnahme verfolgt (z.B. pädagogische Ziele, Generalprävention, Spezialprävention, Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Schulbetriebes, Schutz der Mitschülerinnen und –schüler und/oder Lehrkräfte)
  • wieso die festgesetzte Ordnungsmaßnahme geeignet ist, den Zweck zu verfolgen
  • wieso eine andere, für den/die Schüler/in weniger schwerwiegende Ordnungsmaßnahme nicht in gleichem Maße geeignet ist, den Zweck zu verfolgen
  • wieso die mit der Ordnungsmaßnahme verbundene Belastung letztlich in einem angemessenen Verhältnis zu dem konkret verfolgten Zweck steht.

 

Ich weise darauf hin, dass der alleinige Hinweis auf generalpräventive Erwägungen für die Begründung einer Ordnungsmaßnahme nicht ausreichend ist.

Im Anschluss an die Beratung folgt die Beschlussfassung, bei der nur noch die stimmberechtigten Konferenzmitglieder anwesend sind.

Protokoll:

Über das wesentliche Ergebnis der Ermittlungen, die Inhalte der Anhörung und der Zeugenbefragungen, die Erörterung der Verhältnismäßigkeit möglicher Maßnahmen sowie den zur Abstimmung gestellten Entscheidungsvorschlag nebst Abstimmungsergebnis und Wortlaut des Beschlusses ist ein Protokoll zu erstellen. Im Falle eines Widerspruches ist die Vollständigkeit und inhaltliche Schlüssigkeit des Protokolls von entscheidender Bedeutung (Aussage des Schülers/der Eltern, Abwägung der in Frage kommenden Maßnahmen, Verhältnismäßigkeit usw.)

Zu 8. Mitteilung an die Eltern bzw. den/die volljährige/n Schüler/in:

 

Hinsichtlich der Form sind die an alle Verwaltungsakte gestellten Anforderungen zu erfüllen (siehe VwVfG NRW). Die Mitteilung an die Eltern bzw. den/die Schüler/in muss eine Begründung enthalten, in der die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe für die Entscheidung mitzuteilen sind. Diese müssen konkret, eindeutig und auch für außenstehende Dritte verständlich dargelegt werden. Insbesondere sollte aus der Begründung deutlich werden, dass bei der Entscheidungsfindung ein Abwägungsprozess stattgefunden hat. Darüber hinaus sollte das Schreiben mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen werden (Muster Rechtsbehelfsbelehrung am Ende der Seite).

Rechtsbehelfe gegen die Ordnungsmaßnahmen Überweisung in eine Parallelklasse oder den vorübergehenden Ausschluss vom Unterricht/Schulveranstaltung haben nach § 53 Abs. 3 letzter Satz SchulG NRW keine aufschiebende Wirkung mehr. Dies bedeutet, dass der Widerspruchsführer die Möglichkeit hat, die Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei Gericht zu beantragen. Aus diesem Grund ist bei diesen Maßnahmen der Bescheid mit einer etwas anderen Rechtsbehelfsbelehrung zu versehen (Muster Rechtsbehelfs-belehrung am Ende der Seite).

Bei Erlass des Verwaltungsaktes ist grundsätzlich zu prüfen, ob die sofortige Vollziehung angeordnet werden soll. Dabei muss das für die Verhängung der Maßnahme zuständige Organ die Interessen aller Beteiligten feststellen und gegeneinander abwägen. Das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung muss schriftlich begründet werden. Die Begründung muss das besondere Vollzugsinteresse schlüssig darlegen, auf den Einzelfall bezogen sein und darf nicht nur aus formelhaften Wendungen bestehen. Auch die bloße Wiederholung des Gesetzeswortlauts ist nicht ausreichend. Das besondere Vollzugsinteresse muss über das behördliche Interesse hinausgehen, das den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt, d.h. die Gründe dürfen grundsätzlich nicht dieselben sein, die schon für den Erlass des Verwaltungsaktes benutzt worden sind. Die Begründung muss erkennen lassen, dass sich die Behörde des Ausnahmecharakters des Sofortvollzugs bewusst war.

BEACHTE: Die Anforderungen der Rechtsprechung an die Erfüllung der Begründungspflicht sind hoch. Die Begründungen sind immer am Einzelfall orientiert zu formulieren!

Die Verfügung sollte darüber hinaus immer einen Hinweis darauf enthalten, dass wegen der Anordnung der sofortigen Vollziehung die aufschiebende Wirkung eines evtl. Widerspruchs entfällt und die getroffene Maßnahme somit sofort wirksam wird.

Außerdem sollte der Hinweis aufgenommen werden, dass gegen die Anordnung der sofortigen Vollziehung gemäß § 80 Absatz 5 VwGO die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs beim Verwaltungsgericht Minden beantragt werden kann (Muster Zusatz bei sofortiger Vollziehung Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung am Ende der Seite).

Ist die sofortige Vollziehung entsprechend den bisherigen Darlegungen ordnungsgemäß angeordnet worden, so kann die angestrebte Maßnahme auch umgesetzt werden, während ein Widerspruchs- oder Klageverfahren anhängig ist. Wird ein Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 VwGO gestellt, so handelt es sich hierbei um ein Eilverfahren, in dem das Gericht zum einen summarisch prüft, ob der Verwaltungsakt selbst offensichtlich rechtmäßig oder rechtswidrig ist, zum anderen eine Abwägung zwischen den Interessen des Betroffenen und der Behörde vornimmt. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung hat daher nur Chancen auf Bestand, wenn die dargelegten inhaltlichen und formalen Anforderungen eingehalten sind.

BITTE VOR ANORNUNG DER SOFORTIGEN VOLLZIEHUNG IMMER DIE BERATUNG DER BEZIRKSREGIERUNG IN ANSPRUCH NEHMEN!

 

Fehler, die häufig zur Anfechtung von Ordnungsmaßnahmen führen

  • kein Hinweis auf das Widerspruchsrecht gegen die Beteiligung bestimmter Personen am Verfahren
  • kein Hinweis auf die Möglichkeit, zu der Anhörung aus dem Kreis der Schüler/innen oder Lehrer/innen der Schule eine Person des Vertrauens hinzuziehen
  • unterbliebene Anhörung des/der Schülers/Schülern/Eltern
  • keine ausreichende Ermittlung des Sachverhaltes
  • Unzuständigkeit des Beschlussorgans
  • fehlende Beschlussfähigkeit der Konferenz (Beschlussunfähigkeit muss positiv festgestellt werden)
  • keine ordnungsgemäße Beratung und Abstimmung (z.B. Teilnahme von nichtberechtigten Personen)
  • Fehler bei der Ermessensausübung (z.B. wenn unberücksichtigt bleibt, dass es mehrere mögliche Maßnahmen gab, aus denen ausgewählt werden konnte; unsachliche Überlegungen in die Entscheidung mit einfließen; die Schuld des/der Schülers/in nicht erwiesen ist; etc.)
  • keine ausreichende Begründung der getroffenen Maßnahme
  • keine ausreichende Begründung der Notwendigkeit der sofortigen Vollziehung

 

Rechtsprechung

 

  • OVG Münster (Schulentlassung wegen Tätlichkeit an einer Bushaltestelle) NWVBl 1998, S. 492ff
  • OVG Münster (Schulentlassung wegen der Erpressung von Schutzgeld) NWVBl 2001, S. 36ff
  • OVG Münster (Schulentlassung wegen Täuschungsversuchs) NWVBl 2003, S. 393ff
  • OVG Münster (Schulentlassung wegen Anbringung von Chinakrachern) NVwZ-RR 2006 , S. 615f; NWVBl 2006, S. 429f
  • OVGH München (Androhung der Entlassung bei Beleidigungen im Internet)  NJW 2002, S. 3044f

 

Entlassung wegen unentschuldigter Fehlzeiten

§ 47 Absatz 1 Nr. 8 SchulG NRW

§ 53 Absatz 4 SchulG NRW

- nicht mehr schulpflichtiger Schüler

- schriftliche Erinnerung (Dokumentation)

- ununterbrochen

- 20 Unterrichtstage (Dokumentation)

- unentschuldigt gefehlt

- nicht mehr schulpflichtiger Schüler

- ohne Androhung

- innerhalb von 30 Tagen

- 20 Unterrichtsstunden (Dokumentation)

- unentschuldigt gefehlt

Rechtsfolge: Das Schulverhältnis ist  beendet (Automatik).

Rechtsfolge: Der Schüler kann entlassen werden.

Darstellung der Abwägung und Begründung

 

Musterschreiben Erinnerung (rechtzeitig vor Ablauf der 20 Tage,
so dass noch eine Wiederaufnahme des Unterrichts möglich ist)

 

Bei schulpflichtigen Schülerinnen und Schülern, die 20 Unterrichtstage
unentschuldigt fehlen, sind die Maßnahmen nach § 41 SchulG NRW zu ergreifen
(Einwirkung, zwangsweise Zuführung, Ordnungswidrigkeitenverfahren mit Bußgeld)

 

 

Der Hinweis auf diese rechtlichen Möglichkeiten sollten allen Schülern/Schülerinnen und Eltern bei der Aufnahme schriftlich zur Kenntnis gegeben werden. Darüber hinaus sind schriftliche Mahnungen sinnvoll.

 

VwVfG NRW

§ 10

Nichtförmlichkeit des Verwaltungsverfahrens

Das Verwaltungsverfahren ist an bestimmte Formen nicht gebunden, soweit keine besonderen Rechtsvorschriften für die Form des Verfahrens bestehen. Es ist einfach, zweckmäßig und zügig durchzuführen.

§ 24

Untersuchungsgrundsatz

(1) Die Behörde ermittelt den Sachverhalt von Amts wegen. Sie bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an die Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden.

(2) Die Behörde hat alle für den Einzelfall bedeutsamen, auch die für die Beteiligten günstigen Umstände zu berücksichtigen.

(3) Die Behörde darf die Entgegennahme von Erklärungen oder Anträgen, die in ihren Zuständigkeitsbereich fallen, nicht deshalb verweigern, weil sie die Erklärung oder den Antrag in der Sache für unzulässig oder unbegründet hält.

$  26

Beweismittel

(1) Die Behörde bedient sich unter Beachtung des § 3b der Beweismittel, die sie nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhalts für erforderlich hält. Sie kann insbesondere

  • Auskünfte jeder Art einholen,
  • Beteiligte anhören, Zeugen und Sachverständige vernehmen oder die schriftliche oder elektronische Äußerung von Beteiligten, Sachverständigen und Zeugen einholen,
  • Urkunden und Akten beiziehen,
  • den Augenschein einnehmen.

 

(2) Die Beteiligten sollen bei der Ermittlung des Sachverhalts mitwirken. Sie sollen insbesondere ihnen bekannte Tatsachen und Beweismittel angeben. Eine weitergehende Pflicht, bei der Ermittlung des Sachverhalts mitzuwirken, insbesondere eine Pflicht zum persönlichen Erscheinen, zur Angabe von personenbezogenen Daten oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen oder zur Aussage, besteht nur, soweit sie durch Rechtsvorschrift besonders vorgesehen ist. Der Auskunftspflichtige kann die Auskunft auf solche Fragen, zu deren Beantwortung er durch Rechtsvorschrift verpflichtet ist, verweigern, wenn deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

(3) Für Zeugen und Sachverständige besteht eine Pflicht zur Aussage oder zur Erstattung von Gutachten, wenn sie durch Rechtsvorschrift vorgesehen ist. Falls die Behörde Zeugen und Sachverständige herangezogen hat, erhalten sie auf Antrag in entsprechender Anwendung des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes eine Entschädigung oder Vergütung.

§ 28

Anhörung Beteiligter

(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, ist diesem Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.

(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalles nicht geboten ist, insbesondere wenn

  1. eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint;
  2. durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde;
  3. von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll;
  4. die Behörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will;
  5. Maßnahmen in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden sollen.

 

(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.

Quelle: Bezirksregierung Detmold 



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